Ich hatte das große Glück, mit Pferden aufwachsen zu dürfen. Auf dem kleinen elterlichen Gestüt in der Wetterau (Hessen) hat sich meine Mutter einen Kindheitstraum verwirklicht und begann in den 90er Jahren, südamerikanische Gangpferde zu züchten. Sie kaufte eine der ersten Mangalarga-Marchador-Stuten, die damals nach Deutschland kamen und verliebte sich in die Rasse. Somit kamen wir Kinder früh mit der Verantwortung in Berührung, die diese Passion mit sich bringt, und auch mit der Arbeit auf einem Hof, wo alles selbst gemacht wird: von der alltäglichen Stallarbeit bis zur jährlichen Heuernte.
Der Hof von damals ist mittlerweile nach Sachsen Anhalt umgezogen und wird dort nun als Wanderreitstation weiter betrieben. Meine Eltern waren und sind große Unterstützer meines beruflichen Wegs, dafür danke ich ihnen sehr.
Nachdem ich als Kindin einige Reitweisen "reinschnuppern" durfte (was Westernreiten, die typische 90er-Jahre-Reitschulen-Dressur, Reiten im Chiron-Sitz und einiges mehr umfasste...) und mit unseren Pferden an kleineren Gangpferdeturnieren der IGV (Internationalen Gangpferdevereinigung) teilnahm, traf ich 2013 in Brasilien auf der Hazienda eines Marchador-Züchters auf Kaja Stührenberg. Ich durfte an einem Kurs teilnehmen, den sie dort gab. Da hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, den Reitunterricht zu bekommen, der mich mit den Pferden wirklich weiter brachte, geprägt von freundlichem und respektvollem Miteinander zwischen Mensch und Pferd. Hier begann mein verstärktes Interesse an klassisch-barocken Ausbildungswegen.
Im Sommer 2015 machte ich bei Kaja ein mehrwöchiges Praktikum. Die Zeit war geprägt von einer Vielfalt an verschiedenen Rassen.
Später durfte ich mehrmals mit dem brasilianischen Pferdetrainer Sergio Lima Beck zusammen arbeiten und u.a. Einblicke in seine Methode bekommen, Jungpferde anzureiten: völlig zwanglos, in entspannter Ruhe und mit immer den gleichen Abläufen für das junge Pferd. Die Gewöhnung an Sattel und Reitergewicht passieren quasi "nebenbei" und ein Großteil der Ausbildung findet im Gelände statt.
2016 begann ich, mittlerweile wohnhaft in Berlin, Reitunterricht zu geben. Durch Empfehlungen war ich bald rund um Berlin unterwegs, um Menschen mit ihren Pferden zu unterstützen. 2021 folgten dann bei Richard Hinrichs und Johannes Beck-Broichsitter die Ausbildung zum FN-Trainer C für klassisch barockes Reiten und 2022 der FN-Trainer B.
Pferdemenschen, die mir immer wieder viele wertvolle Dinge mit auf den Weg geben, sind unter anderem Kaja Stührenberg, Maren Schulze, Imke Schlömer, Richard Hinrichs und Johannes Beck-Broichsitter. Dafür bin ich sehr dankbar.
Egal, ob Jungpferd oder erfahrenes Pferd, ob Gangpferd, Iberer, Warm- Voll- oder Kaltblut – es braucht einen ehrlichen und individuellen Blick aufs Pferd und auf den dazugehörigen Menschen. Wir dürfen das Pferd nicht als Objekt sehen, was funktionieren muss, sondern es ist unsere Pflicht, es durch pferdegerechten Umgang, Haltung und eine Ausbildung dazu zu befähigen, uns überhaupt erst einmal tragen zu können, wenn wir reiten wollen. Das wird meiner Meinung nach durch das klassisch-barocke System sehr gut zusammen gefasst. Die Ausbildung des Pferdes beginnt am Boden, ohne Zeitdruck und Zwangsmittel. Wir können hier über die gewichtslose Arbeit mit dem Pferd, also an der Longe, Arbeit an der Hand (am kurzen Zügel oder Kappzaum) mithilfe von lösenden und versammelnden Lektionen das Pferd ideal für die Arbeit mit Reitergewicht vorbereiten.
Vielseitige, aber wohl dosierte Reize und Situationen sollen das Pferd "gewöhnen", dass es weiß, dass jede Situation, vor die ich es stelle, zu bewältigen ist. Das gibt dem Tier Selbstvertrauen und Vertrauen in den Menschen. Dazu gehört auch, dass ein Mensch abschätzen kann, wann ein Pferd physisch oder psychisch überfordert ist. Dieses Einfühlungsvermögen strebe ich an.
Wenn mein Pferd psychisch und physisch ins Gleichgewicht kommt, wird es mit mir tanzen. Dafür gebe ich ihm die Zeit, die es braucht.